Barbara Kelnhofer

Marmor Papier Kunst

Die Faszination für das jahrhundertealte Handwerk des Marmorierens begleitet mich schon seit vielen Jahren. Während meiner Ausbildung zur Buchhändlerin und auch während meines Studiums der Volkskunde und Ethnologie in Freiburg, besuchte ich Abendkurse im Buchbinden.

Das Dachgeschoss der Stadtbibliothek am Münsterplatz in Freiburg, wo sich die Buchbinderei von Herrn Tröndle befand, wurde zu meinem Refugium.

Dort lernte ich viel über das Buchbinden und entdeckte die Welt der Buntpapiere für mich.

Ein intensives Studium der Technik, der Farben und der Geschichte des Marmorierens begann. In einem alten Lehrbuch für Buchbinder, das ich von meinem Urgroßvater erhalten hatte, fand ich traditionelle Rezepte zur Herstellung von Farben und Schlichte sowie Anleitungen für Werkzeuge.

Von da an ließ mich das Thema nicht mehr los. Ich wurde süchtig nach der ‘Magie des Marmorierens’!

Nach meinem Abschluss lebte ich mit meinem Mann drei Jahre lang in Simbabwe. Wir reisten durch das südliche Afrika und ich sammelte Material für meine Magisterarbeit.

Ich war fasziniert von der dekorativen Handwerkskunst der Menschen in diesem Land und sammelte traditionelle Muster und Farben in Form von Körben, Stoffen und Töpferwaren.

Meine Werkzeuge und Farben zum Marmorieren nahm ich mit. Nach einiger Zeit bekam ich Zugang zu den Kunsthandwerkerinnen vor Ort, die sich sehr für meine Farbpigmente interessierten. Und so kam es, dass die Ndebele-Frauen in unserer Nachbarschaft ihre Rundhütten mit den Pigmenten verzierten, die ich einst in Siena gekauft hatte. Besonders der helle Goldocker gefiel ihnen. Hier schließt sich für mich der Kreis, denn die Erdfarben-Pigmente sind die ältesten Künstlerfarben der Welt. 

Sie bilden auch die Grundlage für viele historische Marmorpapier-Muster. Ich versuche weiterhin, die alten Rezepte zu entschlüsseln. Noch sind nicht alle Geheimnisse des Marmorierens gelüftet. Es bleibt spannend!

Die Wurzeln der Marmorierkunst

Die ersten Belege für die Marmorierkunst stammen aus der Zeit zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert aus Persien, dessen kultureller Einfluß sich damals vom heutigen Usbekistan bis nach Ostanatolien erstreckte.

Unter Verwendung hauptsächlich organischer Farbstoffe schufen die frühen Marmorierer nur drei Muster: rudimentäre stilisierte Tropfen-Motive, weiche Wirbel und abstrakte gepunktete Muster.

Diese Papiere wurden zum Einbinden, Kaschieren und Umrahmen von Manuskripten sowie für Briefpapier verwendet.

Um das Jahr 1600 entwickelte sich die Marmorierkunst weiter. Hochveredelte Mineralpigmente wurden auf eine verdickte Schlichte verteilt. Dies ermöglichte dem Künstler nicht nur eine bessere Kontrolle, sondern brachte eine breitere Palette von lebendigen, kompliziert geformten Mustern hervor, wie z. B. ausgeprägte Locken-, Chevron-, Kamm- und Craquelé-Muster. Diese Neuerungen werden einem rätselhaften persischen Künstler und Emigranten in Indien – wahrscheinlich in den Deccan-Sultanaten – namens Muhammad Tahir zugeschrieben. Seine Muster verbreiteten sich rasch bis nach Europa, wo sich die lokale Produktion bald durchsetzte.

Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stand die Kunst im Osmanischen Reich in hoher Blüte. Dort wird sie Ebru genannt und bedeutet sinngemäß ‘wolkig’.

Istanbul-Reisende brachten im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts in ihren Reisetage- und Freundschaftsbüchern (Alba Amicorum) marmorierte Papiere nach Europa. Die auffallend farbenfrohen „türkischen Papiere“ lösten Verwunderung und Faszination aus und galten aufgrund ihrer orientalischen Herkunft und geheimnisumwobenen Herstellungstechnik als kostbar.

Seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts wurde die Marmoriertechnik von Papiermachern und Buchbindern in Süddeutschland und Frankreich aufgegriffen und weiterentwickelt. Ein frühes Beispiel für die Anwendung des Marmorpapiers ist die Innenverkleidung einer Ebenholzkassette für Spiele aus Augsburg um 1635.

Deren historischen Muster und Farbkompositionen strahlen eine anmutige Leichtigkeit aus, die sich nicht einfach kopieren lässt. Obwohl das Marmorieren ein jahrhundertealtes und traditionsreiches Kunsthandwerk ist, bleibt es bis heute durch stetiges Experimentieren mit Pigmenten und Mustern lebendig. Heutige Marmorierungen können poppig und modern sein und es entstehen unvorhersehbare, überraschende Ergebnisse.

Und genau das ist es, was mich besonders fasziniert: nicht das monotone Wiederholen eines immer gleichen Musters, sondern neue Designs, die mit mir als Künstlerin im Einklang stehen.

Quelle: Jake Benson, 2019

Workshops
Die Kunst des Marmorierens

Seit Jahrhunderten ist farbiges Papier eines der wichtigsten alltäglichen Gestaltungsmittel in Europa. Buntpapiere werden als Tapeten verwendet, zur Auskleidung von Truhen und Schränken oder als Vorsatzpapier für Buchbindearbeiten. Handgearbeitete Buntpapiere und die besonders schönen Marmorpapiere findet man heutzutage nur noch sehr selten in den Papierwarenläden. Am häufigsten sieht man die filigranen Papiere noch in alten, von Hand gebundenen Büchern in Bibliotheken. Diese üben eine ganz besondere Faszination auf den Betrachter aus, denn die Farben und Muster sind mit Hilfe einer heute fast unbekannten Technik entstanden. Ein altes Handwerk, das nur noch wenig bekannt ist und auch nicht von Maschinen eins zu eins imitiert werden kann. 

Neue Kurse 2024

Ein Workshop für Buch- und Papierliebhaber und alle künstlerisch Interessierten Menschen.

Inhalt des Kurses

Ausgehend von der Betrachtung historischer Beispiele, werden wir uns intensiv mit der Herstellung von Buntpapieren in traditioneller Marmoriertechnik beschäftigen. Die typischen Marmorpapiere entstehen durch das Aufbringen flüssiger Farben auf einem Marmoriergrund. Über Farbgebung, Farbtiefe und Anordnung ergibt sich ein breites Spektrum von Mustern. Durch das Auflegen eines Papiers wird das Muster von der Oberfläche auf das Papier übertragen.

Ablauf des Kurses

Tag 1
• Vorstellung der Technik
• Einführung in die Geschichte des Marmorierens und der türkischen ‘Ebru-Kunst’
• Kennenlernen und Umgang mit Material und Werkzeug
• Zusammenstellung einer Farbpalette und die Zubereitung des Marmoriergrunds
• Erste praktische Arbeiten

Tag 2
• Individuelles Üben
• Gestaltung verschiedener Muster: Kamm-, Wellen-, Ader- und Stein-Marmor, Schnecken- und Pfauenmuster
• Oberflächenveredelung (Wachsen, Glätten)
• Tipps für Buchbindearbeiten

Dieser 2-tägige Workshop vermittelt die Grundtechniken des Marmorierens und bietet Zeit und Raum für selbstständiges, kreatives Arbeiten.

Termine und Preise auf Anfrage.

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Neue handgefertigte Marmorpapiere mit verschiedenen Mustern aus meiner Werkstatt

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Die Workshops finden in der Zunftscheuer in Staufen statt.

Telefon: +49 (0)7633 9390983

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